Texte von Anton Lüpkes (+ 21.10.1991) zuletzt Aurich, Am Fernsehturm

(Erhalten von Frau Ursula Basse-Soltau)

Wor ick hengah

V e r b l i e f

Dor hest du mi
mit Seel un Liev,
Ik hebb blot di
as mien Verbliev.
Ick full all deep
un deper noch,
bit dat ik reep:
"Heer. help mi doch!"
Nu hollst du mi
an d' rechter Hand.
Ik funn bi di
uns Vaderland.


"Hülp!"

dor is een,
de röppt

hier is een,
de slöppt

wor is een,
de löppt


annersum

du säst mit nu
blot "ik un du"

nu hest du lehrt
so is 't verkehrt

dat "du un ik"
is nu dien Glück.


Mien Meeske

He pickt un kickt,
He sügt un flügt,
He hüppt un wüppt,
Altied so blied
So rink un flink.

Man nee, de Snee!
Son Weer deiht seer.
Lang Nacht maakt schmacht.
Kiek dor: De Swor,
Neet old, nix solt,
So frisk as Fisk;
Un Nöt so söt,
Minheer Krüdneer:
Dien Saat: Een Staat!
Van dit een Bit,
Van dat ook wat.

O Schrick! Dor, kiek,
De Katt, de swart.
Meesk weg, in d' Heeg!
Los Puus, na Huus!
Meesk, flügg, torüg!
Harst Nod, arm Bloot?

Ocheer, mien Där,
So lütt un nüt,
So bunt un sund,
Du büst min Lüst.
He du, wat nu?
Wat steihst un dreihst
Dien Kopp un Kropp?
Jan, töv, ik löv
Mien Schatt*) is satt.

*) Schatz
(Meeske = Meise)


"Kikeriki!"

Ick sleep so söt un deep
Do kreihde uns oll Hahn
Ick argerte mi leep:
Nu was dat Slapen daan.

Ick reep na d' Stall vull Wut:
"Mien Fründ, dat du 't man weetst:
In d' Pott mit di un ut,
Wiel mi neet slapen leetst.

Tomal full mi wat in,
Wat mehr gull as mien Slaap!
Een Blitz schot mi in d' Sinn:
Wat harr 'ck versümt, ick Schaap?!!

Ick tüssde mi un schreev,
Ick schreev mit Flüggt un Fliet
De langversümte Breef;
He kwamm noch nett up Tied!

Nu reep'ck beschaamt: "Mien Hahn,
Wat good, dat du dor büst!
Gah du man froh upstahn
Un kreih na Hartenslüst!

Wenn ick di s'mörgens hör,
Löv man, dat ick in d' Bedd
Mi dor neet mähr an stör:
Du hest uns beiden redd't!

Uns Nahber mit so 'n Slaap,
De hett dor wiß nix bi!
Mien Hahn, wees du geen Schaap:
Kreih driest dienn Kikeriki!"


Hemel, Steerntjes, Wind un Wulken

De Wind, de weiht Hemel,
nett, as he will, du Hemel
na d' Wind sien Wies: dor boven uns,
Sachte Wind, wat kriggst du
Hurrelwind, all to sehn
Störmwind. van Glück un Elend
Du süchst hum neet, bi uns hier unnern!
du hörst hum bloot So kieken up uns daal:
du hörst sien Susen. bi Dag uns Süntje,
Wor kummt he her, bi Nacht de Maand
Wor geiht he hen? un dusend Steerntjes,
Well weet dat?! dusend Oogen.
Dat gifft noch mehr, Un hier van unnern:
wat icck neet weet Wovöl Minsken
un neet begriep. kieken woll
So is dat ook bi Dag un Nacht
mit de Heer sien Geest: na di umhoch,
de weiht dor, du Hemel
war he will, in Saligkeit,
sien Geest in Minsken. man ook
He sülvst, uns Heer, heel eensam Minsken,
hett dat so seggt. in Angst un Krankheit,
  in Krieg un Hunger,
  in Pien un Folter
Wulken, Wulkjes un ook sücksen,
Witte Wulken de stillkens un verburgen
an d' blaue Hemel, an d' Siet maakt worden!
dunker Wulken De seggen sück:
bi Unweer un Gewitter. "Ick hebb geen Minske,
Wulkenschepen, ook neet een!"
Wukenboomen O Hemel!
Wulkenbargen, O Vader,
ji dor boven, leeve, leeve Vader,
gröt't doch de Minsken help dien arm Schepsels
dor, wor ji henseilt, un driev uns an,
un geevt hör, dat wi
wat se nödig sünd: hör neet allennig laten.
Sünnschien, Scharr off Regen,
de Quaaden nett so
as de Goden.
Dat will uns Heer so.

nett as = gerade so, wie
Scharr = Schatten
quaad = böse
Schepsel = Geschöpf


Am Wattenmeer

Vorn bei Mose ist zu lesen:
Anfangs war es "wüst und leer".
Ganz am Anfang ist 's gewesen,
Wie heut hier am Wattenmeer.

Seht de Nebelschwaden wehen
fetzenweise vor uns her;
schemenhaft nur ist zu sehen
Deich um uns und sonst nichts mehr.

Tag und Nacht noch nicht geschieden,
Wasser und das Festland nicht,
Und so fehlt es auch hinieden
Sehr gespenstig noch an Licht.

Alles um uns her verschwommen,
Ort und Zewit fast wesenlos,
Und das Herz fühlt sich beklommen:
Klein die Welt, die sonst so groß.

Fast glaubt man: so wird es bleiben
bis in alle Ewigkeit:
in dem nebelhaften Treiben
ist es wie vor aller Zeit.

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Aber - ein gedämpftes Rauschen
bricht doch endlich diesen Bann,
und das Ohr fängt an zu lauschen:
deutet sich nicht Leben an?

Leis erwacht in uns ein Ahnen
so, als ob man klarer sieht,
und als ob mit Nebelfahnen
sacht das rübe von uns flieht.

Wird es hier und doret nicht heller
wo die Urwelt brütend lag?
Seht - das Licht kommt schnell und schneller
aus dem Dämmer an den Tag.

Letzte Nebelschleier fliehen
quer vor uns vom Watt zum Land;
schon gewahrt man Möven ziehen,
Entenkeil am Wattenrand.

Ehe wir es noch erwarten
kommt dort leise schon die Flut:
Landeinwärts ein Gottesgarten:
Schöpfung hier noch schön und gut.

Auch die Wunderinseln zeigten
sich als Traumland bald im Meer,
über ihnen seht ein Leuchten:
Widerschein vom Himmel her.

Zauberhaft hat sich's gewendet
von der Ebbe bis zur Flut.
Ja, die Schöpfung ist vollendet;
siehe: es ist alles gut.

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Doch ein leises Sehnsuchtsklagen
wird em wachen Ohre kund,
Schöpfung selbst kann es nicht sagen,
Paulus Römer acht: ihr Mund.

Er spricht dort von Angst und Harren
der schuldlosen Kreatur;
Alle diese Vogelscharen:
Wonach sehnen sie sich nur?!

Vogelarten sind zu sehen,
denen man hier Zuflucht ließ;
hört ihr sie nicht rührend flehen:
"Laßt uns dies Stück radies!"

Freunde: dies hier nicht zerstören!
Es ist wirklich letzte Zeit.
Tier und Pflanze sind zu hören:
"Menschen, tut uns nichts zuleid!"

Hier ist noch ein Rest erhalten
von dem, was Gott anfangs schuf.
Laßt uns das nur recht verwalten.
Hören wir den Klageruf?

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Selbst in schönsten Augenblicken
macht sich Ungenügen kund.
Liegt nicht immer dem Entzücken
doch ein Wehmutston zugrund?

Wie im allertiefsten Leide
eine Sehnsucht nicht erlischt,
ist der allerhöchsten Freude
auch die Träne beigemischt.

Ein Geheimes blibt verborgen
etwas ist noch nicht erfüllt,
bis an jenem Gottesmorgen
sich die neue Welt enthüllt.

"Neuer Himmel, neue Erde",
wie es in der Bibel steht.
Gott erschafft durch sein "Es werde"
jene Welt, die nie vergeht.

Danach sehnen sich doch alle,
alle die Geschöpfe sehr
auf dem ganzen Erdenballe
und - auch hier im Wattenmeer.